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Langsam reisen und geniessen – Von Serres nach Nyons

Langsam reisen
Nyons-Serres
Nyons-Serres

Langsam reisen, unser Weg von Serres nach Nyons auf der D994/D94 ist ein gutes Beispiel dafür die großen Straßen mal öfters zu verlassen, über Nebenstraßen durch ein Land zu fahren und sich eine Menge Zeit zu lassen. Für die Heimreise nach Deutschland benutzten wir teilweise kein Navi. Wir fuhren nach Karte, richtig old school mäßig. Wir hatten genügend Zeit eingeplant und so wurde aus dem Heimweg keine stressige Kilometerfresserei. Diese Hatz nach Hause bewirkt nur die sofortige Vernichtung der erzielten Erholung und Gelassenheit.
Und so landeten wir auf der D994, die später zur D94 wird, im Tal des Torrent de Blême, an dessen Verlauf sich die Straße orientiert. Die Strecke fasziniert mit canyonartigen Abschnitten, die sich mit atemberaubenden Aussichten abwechseln. Faszinierend die in den Stein gehauenen Ausbuchtungen für höhere Fahrzeuge.

Übernachtung

Langsam reisen - U Express

Es wurde Zeit einen Platz für die Nacht zu suchen, aber vorher brauchten wir noch einige Dinge für ein leckeres Abendessen. Der U Express in Verclause kam genau richtig und wir konnten uns mit Baguette und anderen französischen Delikatessen versorgen.
Ein paar Kilometer später fanden wir unseren Platz für die Nacht. Der Parkplatz direkt vor einer Steilwand war genial. Wir setzten uns an den Fluss, beobachteten die Schwalben, den Sonnenuntergang und genossen die Atmosphäre.

Es war eine ruhige Nacht, denn viel Verkehr gibt es auf dieser Straße nicht. Am nächsten Morgen ging es nach einem Frühstück am Fluss gemütlich weiter Richtung Nyons, der Hauptstadt der schwarzen Oliven. Noch eine Randnotiz: Kaum zu glauben, aber auch hier im Canyon hatten wir schnelles Internet.

Die Route von Serres nach Nyons

Nur 68 Kilometer hat die Strecke, gebraucht haben wir unglaubliche 24 Stunden, langsam reisen extrem. Aber jede Minute hat sich gelohnt und obwohl wir auf dem Heimweg waren, hat es sich nicht so angefühlt.

Langsam reisen

Ohne konkretes Ziel, schalten wir das Navi mittlerweile aus und lassen uns durch die Gegend treiben. Haben wir ein bestimmtes Ziel (Stellplatz, bestimmte Straße, etc.), dann programmieren wir das Gerät erst wenige Kilometer vor dem Ziel. Mir fiel auf, dass ich beim Fahren mit technischer Unterstützung eine Art Tunnelblick bekomme, das Navi befiehlt, ich folge. Ich degradiere mich selbst zum Befehlsempfänger. Die Lust interessanten Hinweisschildern zu folgen sinkt, weil Uschi aus dem Navi dann anfängt zu maulen und ständig „Bitte wenden“ plärrt.
Nach Karte zu fahren macht außerdem mit gutem Kartenmaterial richtig Spaß. Wir hatten einen französischen Atlas mit dem Maßstab 1:180.000, bedeutet, dass 1 cm auf der Karte 1,8 km entspricht. Der in Deutschland erhältliche Michelin-Atlas hat eine Einteilung von 1:200.000. Noch detaillierter sind die Michelin Localkarten von Frankreich im Maßstab 1:150.000. Karten haben auch den großen Vorteil, dass wir die Gesamtheit einer Region erfassen, der uns auf dem kleinen Bildschirm verwehrt bleibt.

Weniger ist mehr

Die Stadt XY in 24 Stunden. Dieser Reiseart können wir nicht viel abgewinnen, das ist wie Speed-Dating. Es erscheint uns eher ein Synonym für die heutige Zeit zu sein, in der alles schnell gehen muss.
Nach 24 Stunden kennen wir keine Stadt, wir können sie höchstens von unserer To-Do Liste streichen und sind mit Sicherheit ziemlich erledigt. Unser letzter, aber nicht erster Aufenthalt in Amsterdam dauerte sechs Tage. Wir sind der Überzeugung immer noch nur die Oberfläche dieser Stadt angekratzt zu haben. Eine Stadt ist nicht die Summe ihrer Sehenswürdigkeiten, die meist gar nicht unsere ersten Ziele sind. Viel lieber erkunden wir die Gegenden außerhalb der City, gehen dort in Cafes oder Restaurants. Die sind meist auch preiswerter. Dort finden wir auch die viel interessanteren Geschäfte, die ohne den ganzen Plunder für Touristen.

Kontakt suchen

Nur zwei Beispiele. Wir haben uns in Remoulins spontan den Stierkampf in der dortigen Arena angeschaut, die Regeln dieses unblutigen Kräftemessens haben wir uns von den anwesenden einheimischen Besuchern erklären lassen.
Der Artikel 7 kulinarische Tipps für Amsterdam entstand aus den Tipps der Menschen dieser Stadt, die wir gefragt haben.

Planung in die Tonne

Unser geplantes Programm für Südfrankreich war wesentlich umfangreicher. Eigentlich wollten wir die gesamte Küste bis Italien abfahren und dann in die Haute-Provence abdrehen. Schon nach den ersten Tagen beschlossen wir, die komplette Strecke östlich von La Couronne-Plage zu streichen. Unsere komplette Planung wurde entsorgt.

Wir kennen das Gefühl nur zu gut, endlich sind wir am Ziel unserer Träume. Jetzt wollen wir alles sehen, wer weiß, wann oder ob wir jemals wieder hierher kommen werden, aber das funktioniert nicht. Am Ende wären wir nur gestresst gewesen und die Reise nur als eine Sammlung von Sehenswürdigkeiten in unseren Erinnerungen. Langsam reisen ist die Alternative.

Wir hätten mit einer imposanten Liste besuchter Orte auftrumpfen können, aber von der Atmosphäre und dem Zauber Südfrankreichs hätten wir nur wenig mitbekommen. Marseille, Saint-Tropez, Nizza oder Cannes haben wir dieses Mal nicht gesehen, dafür waren wir zum Beispiel länger in Carro. Wir haben den Fischern beim Einlaufen in den Hafen von Carro zugeschaut, sind Nachts alleine durch den Ort geschlendert, haben mit Menschen auf dem Markt geplaudert, sind raus aus dem Ort und haben den Duft des Thymians genossen.
Für die zukünftigen Reisen werden wir gar keine Pläne mehr machen, es wird nur noch ein grobes Ziel geben, ein paar Notizen und der Rest wird sich ergeben.

Im übrigen können nicht nur Wohnmobilisten ohne Planung und langsam reisen. Ich bin schon nach Portugal geflogen, habe am Flughafen ein Auto gemietet und bin mit einem Fiat Uno quer durch das Land gefahren.

Reisevorbereitung mal anders

Interessant fand ich die Erfahrung, dass mich der Roman von Peter Mayle “ Mein Jahr in der Provence“ mehr inspirierte, als der sehr gute Reiseführer für die Provence. Ich werde in Zukunft also mehr nach Reiseberichten als nach Reiseführern suchen. Eine weitere schöne Variante sich auf ein Land einzustimmen sind Filme. Für Frankreich fanden wir bei arte die Serien „Belle France“ und „Frankreich – Wild und schön„.
Wenn uns WLAN zur Verfügung steht, erweitere ich regelmäßig meine Sammlung von Reiseberichten über Youtube.

Die Heimreise als Teil des Urlaubs

Wenn es irgendwie möglich ist, dann planen wir für die Heimreise ein bis zwei Tage mehr ein und machen auch diesen Weg noch zu einem Bestandteil unseres Urlaubs. Die Hektik des Alltages wird uns schon noch schnell genug einholen.

Fazit

Wir haben mittlerweile gelernt, dass schnelles Reisen für uns keine Option ist, im Gegenteil. Das Hetzen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit ist für uns unbefriedigend und macht uns unausgeglichen. Ein schöner Nebeneffekt, langsam reisen senkt auch die Kosten, weil wir weniger tanken müssen und weniger Eintrittsgelder zahlen. Apropos Eintrittsgelder, wir überlegen uns schon genau, wie wichtig uns ein Besuch ist. Teilweise werden Beträge aufgerufen, von denen wir für eine Woche Lebensmittel kaufen könnten.

Wir reisen überwiegend wegen der Natur, den Landschaften, des Essens und anderen Lebensgefühls. Deshalb findest du uns auch zuerst eher auf einem Markt oder in einem Supermarkt als an einer der Top-Sehenswürdigkeit. Auf unserer Tour durch Südfrankreich haben wir in drei Wochen als einzige bezahlte Sehenswürdigkeit die Pont du Gard besucht.

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