14qm LifestyleWohnmobil

Fünf Jahre Leben im Wohnmobil – 2000 Tage schöner wohnen

Leben im Wohnmobil

Warum wir auch nach über vier fünf Jahren unser Leben im Wohnmobil lieben und den Schritt nie bereut haben.

Ein Leben im Wohnmobil, sich auf wenige Quadratmeter beschränken und freiwillig auf einige herausragende Errungenschaften der modernen Welt, wie den Thermomix und die Satellitenschüssel, verzichten?

Leben im Wohnmobil

Diese Art des Lebens ist für uns Normalität, so normal wie für Andere das Leben in einem Haus oder einer Wohnung. Wir begreifen unser Wohnmobil auch nicht als solches, sondern eher als Tiny House mit Motor. Wir haben nie versucht den Komfort und die Möglichkeiten einer herkömmlichen Behausung auf unserer Wohnmobil zu übertragen. Uns ging es um Einfachheit, um das Leben mit weniger Konsum und weniger Besitz, um Freiheit und einen Weg anders zu leben. So war zumindest unser Plan.

Nachhaltigkeit

Uns gefällt an dieser Art des Lebens auf begrenztem Raum besonders, dass sich auf einfache Art ein nachhaltiger Lebensstil erreichen lässt. Wir haben unseren Ressourcenverbrauch und damit unseren ökologischen Fußabdruck massiv senken können.

Strom

Ein normaler 2-Personenhaushalt benötigt etwa 2700 kWh im Jahr. Wir können den Großteil unseres Strom dank unserer Solaranlage selbst produzieren, wobei wir aber auch keine 2700 kWh benötigen.

Würde unser Umgang mit dem Reichtum der Natur benotet, würde das höchstens zu einem Armutszeugnis reichen.Ernst Ferstl

Wasser

Wir verbrauchen etwa 160 Liter Wasser pro Woche. Der durchschnittliche Wasserverbrauch eines Zwei­personen­haushalt in Deutschland liegt im Schnitt bei 254 Liter, allerdings am Tag!

Anschaulicher ausgedrückt, wir verbrauchen in einem Jahr in etwa soviel Wasser, wie ein normaler Haushalt in einem einzigen Monat.

Gas

Und während ich an diesem Text schreibe ist es 23 Uhr, die Außentemperatur beträgt 11 °C und unsere Heizung ist aus. Zwei Teelichter reichen aus, um unsere Wohlfühltemperatur von 20 °C zu halten. Wir haben in den letzten 12 Monaten 361 l Gas verbraucht, das entspricht 16 Gasflaschen mit 11 kg.

Update April 2019 Wir haben den Gasverbrauch auf 282 l gesenkt, die Heizung bleibt mittlerweile ab einer Außentemperatur von 10 °C in der Nacht meist aus.

Diesel

Auch unsere gefahrenen Kilometer sind nicht so hoch, wie manch einer vermuten würde. In den letzten 12 Monaten waren wir 11189 km unterwegs. Mit unserem veränderten Reiseverhalten wollen wir den Verbrauch an Diesel weiter senken.

Update April 2019 Wir waren in den letzten 12 Monaten trotz viermonatiger Reise nach Frankreich nur noch 2946 km mit dem Wohnmobil unterwegs und haben zum ersten Mal mehr Kilometer mit dem Fahrrad und zu Fuß zurückgelegt als mit dem Fahrzeug.

Wir versuchen konsequent alle Wege unter 30 km (einfache Strecke) mit Fahrrad und Strecken unter 6 km, ebenfalls einfache Strecke, mit dem Fuß zu bewältigen. Das ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern es ist für unsere Fitness und Gesundheit einfach extrem vorteilhaft. Und ja, manchmal ist es unbequemer oder ungemütlicher, aber das ist es uns wert.

Lebensmittel

Diese Nachhaltigkeit versuchen wir auch in an anderen Bereichen zu verwirklichen, so liegt zum Beispiel unser Fleischkonsum mit unter 2 kg weit unter dem bundesdeutschen Durchschnitt von 10 kg (zwei Personen) pro Monat. Die Menge der weg geworfenen Lebensmittel tendiert gegen null.

Reparieren statt wegwerfen und dabei Geld sparen

In den letzten drei Jahren haben wir keine Smartphones, Tablets oder Notebooks gekauft. Im Gegenteil, ein Tablet und ein Notebook habe ich repariert und damit Elektronikschrott vermieden. Für die Ersatzteile habe ich nur 29 € ausgeben. Eine vergleichbare Neuanschaffung hätte uns etwa 1500,00 € gekostet. Mein Sigma 17-50 mm Objektiv habe ich reparieren lassen.

Update November 2020 Das Smartphone musste im April 2018 ersetzt werden, weil das Alte noch alles konnte, nur halt nicht mehr telefonieren. Es wurde als Mediaplayer verkauft und durch ein Gebrauchtes, erst drei Monate altes Smartphone ersetzt. Die Notebooks und Tablets verrichten noch immer ihre Arbeit.

Gebraucht kaufen

Neu April 2019 Den größten Teil unserer nötigen Anschaffungen kaufen wir, wenn immer es geht, nur noch gebraucht. Kamera, Smartphone und die neue Wasserpumpe haben wir über eBay gekauft. Andere Dinge, wie unter anderem ein Wasserkessel (von WMF für nur 6 €) und sogar die Garnitur Biber Bettwäsche (3 €) kommen vom Flohmarkt.

Die meisten Anschaffungen müssen uns nicht innerhalb von 24 Stunden zur Verfügung stehen. Den schönen Wasserkessel haben wir nach einem Jahr gefunden, in der Zwischenzeit hat ein Topf mit Deckel seinen Job erledigt.

Wir haben die Liste der Dinge, die wir suchen, griffbereit auf meinem Smartphone und damit schlendern wir über die Flohmärkte oder schauen von Zeit zu Zeit bei eBay vorbei.

Es ist schon erstaunlich, dass auf Plattformen wie beispielsweise MPB, die sich auf den An- und Verkauf von Kameras und Objektiven spezialisiert haben, Waren teilweise in höheren Stückzahlen verfügbar sind als in einem Elektronikmarkt. Meine Kamera stand im April 2019 fünfzehn Mal zur Verfügung und auch alle Wunschobjektive von mir sind teilweise über zwanzig Mal verfügbar.

Grundrauschen

Leben im Wohnmobil - Grundrauschen

Wir fühlen uns am wohlsten, wenn wir das Grundrauschen der Zivilisation, die Geräusche entfernter Autobahnen, Straßen, Flughäfen und Industrie,  möglichst weit hinter uns gelassen haben.

Seit 1989 ist die Masse der Insekten um 76% und die Zahl der Vögel um 56% geschrumpft!
Für uns gibt es nichts Schöneres, als unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen und uns für Tage aus der Zivilisation zu verabschieden. Wir genießen die Stille und die Natur, abseits einer immer schneller werdenden Gesellschaft. Eine Natur, die wir im übrigen im Namen des Wachstums immer schneller betonieren und vernichten.

Wir haben festgestellt, dass es genau diese Stille und Einsamkeit in der Natur ist, die uns glücklich macht. Und dies ist auch der Grund, warum wir auf unseren Roadtrips große Städte, wie Marseille, Montpellier oder Bordeaux, nicht besucht haben. Wir fühlen uns in der Hektik und Lautstärke einfach nicht wohl.
Der Verzicht auf eine Satellitenschüssel und mittlerweile auch auf einen DBV-T Stick trägt wesentlich zur Ruhe bei. Die Reduzierung von Ballast und äußeren Einflüssen befreit uns.
Es ist wohl eher kein Zufall, dass meine heftigen Kopfschmerzen, die ich früher mehrmals wöchentlich hatte, verschwunden sind.

Freiheit

Das Leben im Wohnmobil bedeutet für uns Freiheit. Wir haben die Freiheit unsere Heimat zeitlich und örtlich fast immer frei wählen zu können.
Unsere größte Freiheit ist es aber, dass wir uns nicht mehr um tausende Besitztümer kümmern, sie instand halten oder gar ersetzen zu müssen. Wir haben uns die Freiheit genommen dem grenzenlosen Konsum den Rücken zu kehren. „Mein Haus – mein Auto – mein Boot“ ist für uns keine erstrebenswerte Option mehr.

Schlußwort

Wir haben unsere Entscheidung und unseren Weg bis heute nicht bereut. Geändert hat sich viel, aber wir waren nie zufriedener mit unserem Leben und nie waren wir mit so wenig so glücklich wie im Moment. Weniger ist mehr, zu mindest für uns trifft diese Aussage zu.

Und natürlich scheint auch uns nicht den ganzen Tag die Sonne aus dem Arsch, aber sie scheint definitiv öfters. Auch bei uns erwischt mal einer einen gebrauchten Tag und könnte die nächstbeste Möwe erwürgen. Es gibt aber auch Tage, an denen die Natur nicht nett zu uns ist und uns herausfordert. Es gibt Tage, da nervt uns die Suche nach einem neuen Stellplatz einfach nur noch, weil wir uns schon wieder auf Neues einstellen müssen oder nichts Vernünftiges finden. Das sind dann die Tage, an denen wir uns fragen, warum wir das alles machen. Freiheit kann manchmal auch anstrengend sein.

Update April 2019 Die Freiheit ist weniger geworden. Die massiven Zuwächse in der Wohnmobilbranche erleben wir sehr oft nicht positiv. Die Stellplätze sind immer voller oder sind überfüllt und die Zahl der verbotenen Zonen wächst schneller, wie Unkraut im Garten.

Update – 2000 Tage Wagenleben

Auch der Fahrradunfall von Claudia und seine Folgen konnte an unserer Einstellung nichts ändern. Es ist immer noch unser Traumleben, auch wenn wir im Moment noch eine Weile örtlich gebunden sind. Ist doch egal, wir haben einen großen Teil unserer Freunde an unserer Seite und was braucht das Leben mehr?

Die Reise geht weiter, mit dem Wohnmobil und im Kopf. Sie bleibt auch weiterhin eine Suche. Eine Suche nach der Antwort auf die Frage, wie und wo wir nach der Zeit im Wohnmobil leben wollen. Und es ist unser Beitrag für unsere Kinder und für eine bessere Zukunft mit weniger Konsum, Auto und Müll.

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