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Roadbook – Villefranche-de-Conflent nach Navarrenx

Villefranche-de-Conflent

Villefranche-de-Conflent war unser erstes Ziel in den Pyrenäen. Dort hatten wir zwei Hochleistung-Events geplant. Auf in den 42. Stock.


Von Cerbère ging es nochmal über die atemberaubende D914 bis Collioure, dann über Argelès-sur-Mer nach Perpignan. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge warfen wir letzte Blicke auf das Mittelmeer und die mediterrane Vegetation, aber wir haben ein Date mit dem Atlantik. Auf der N116 ging es Richtung Villefranche-de-Conflent und schon bald sahen wir die ersten schneebedeckten Gipfel der Pyrenäen. Was für ein Flash, von Kakteen bewachsen Felsen in den Schnee. Wir stellten uns auf den im Moment wenig frequentierten Stellplatz (keine V+E) in Villefranche-de-Conflent, etwa 600 m vor dem Ort, direkt am Bahnhof.

Villefranche-de-Conflent

Der Ort gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Die Stadtmauer aus dem 11. Jahrhundert ist vollständig erhalten. Das kleine Örtchen mit seinen nur etwa 250 Einwohner und fünf Straßen war schnell erkundet, die Suche nach Creme-Fraîche allerdings erfolglos. Es gibt zwar eine Menge Geschäfte mit Kunsthandwerk und einige Restaurants, aber keinen Lebensmittelladen.

Ein weiteres Highlight in Villefranche-de-Conflent sind die Grottes des Canalettes. Im Sommer finden dort wegen der tollen Akustik sogar klassische Konzerte statt.

Fort Libéria

Wir hatten die glorreiche Idee hoch zum Fort Libéria zu laufen, ich meine, es gibt ja ein 4×4 Taxi vom Bahnhof in Villefranche-de-Conflent nach oben, aber wir sind durch den Berg die 734 Stufen nach oben gelaufen. 180 m Höhenunterschied, das entspricht 42 Stockwerken.
Der Zugang zu diesen Treppen findet sich an dem schmalen Weg entlang der Bahngleise der vom Bahnhof Richtung Villefranche-de-Conflent führt. Etwas 500 m vom Stellplatz entfernt.

Auf der letzten Rille erreichten wir wieder das Tageslicht und wer nun der Meinung ist, dass er damit die höchste Stelle erreicht hätte, sei gewarnt. Der Rundgang durch das Fort setzt noch einmal ordentlich was drauf.
Wir waren nur im unteren Bereich des Forts gelandet, viele weitere Treppen brachten uns in den Innenhof. Jetzt nur nicht schlapp machen, weiter nach oben auf die Mauern. Wir folgten dem Rundgang und stiegen unzählige Treppen wieder hinab, in den Kerker für die Frauen unterhalb des Forts. Der Rundweg ging weiter, wieder nach oben und zwar ganz nach oben, wieder auf die Mauer. Ich glaub, ich werd welk.

Unnötiges Wissen zum Fort Libéria
Diese uneinnehmbare Festung vom Festungsbaumeister Vauban ist wirklich beeindruckend.

  • Eigene Bäckerei
  • 120000 Liter Wasservorrat mit einem Filtersystem aus Kies, Sand und Holzkohle, das schon damals Trinkwasserqualität garantierte.
  • Kamine über den Schießscharten der Wehrgänge, damit die Soldaten sich nicht selber vergifteten

Für den Rückweg wählten wir den Pfad nach unten, das 4×4 Taxi brauste an uns vorbei.

Train jaune

Die nächste Aufgabe war eine Fahrt mit dem Train jaune nach Font-Romeu. Freitag Morgens halb zehn in den Pyrenäen, kurze Hosen und 4 °C . Wir wählen den offenen Wagen, als Einzige. Sagen wir es mal so, die Fahrt auf 1500 m war etwas schattig, aber genial.

Train Jaune
Den Trip mit diesem Zug nach Font-Romeu oder weiter bis nach Latour-de-Carol solltest du dir nicht entgehen lassen.
Das Ticket nach Font-Romeu-Odeillo-Via, so heißt der Ort komplett, kostet 26 € pro Person inklusive Rückfahrt (frz. Aller-retour). Vom Bahnhof in Odeillo geht nach Font-Romeu zu Fuß 3 km steil nach oben.

Als hätten wir den Tag zuvor nicht schon genug Beinarbeit geleistet, ging es am Ankunftsort wieder erst einmal fast 300 m nach oben. Gelohnt hat es sich nicht wirklich. Font-Romeu hat uns nicht gefallen. Ein typische Skiort mit dem heruntergekommenen Charme der 80er.
Für die Rückfahrt wählten wir einen der geschlossenen Wagen, wir waren die Einzigen in unserem Wagen, wo der Rest war kannst du dir sicher denken. Alles Warmduscher.
Unser Plan, diese Fahrt unbedingt noch vor dem Wochenende zu machen, war, wie sich einen Tag später herausstellte, eine gute Entscheidung. Am Samstag stellten wir irgendwann fest, das gar keine Züge fuhren. Wir fanden schnell heraus, dass bis Montag gestreikt wurde.

An diesem Samstag taten wir rein gar nichts , nein, eigentlich ist das ja nicht richtig. Wir haben nur Treppen und Steigungen gemieden. Ich habe etwas Rost am Kotflügel entfernt und den Abfluss des Küchenabwassers neben den Abfluss des Urintanks verlegt. Das macht die Entsorgung einfacher. Außerdem haben wir Raviolis selbst gemacht und Lauchbrötchen gebacken.

Und weiter

Die einzige sinnvolle Möglichkeit der Weiterfahrt war die Strecke über Font-Romeu, also der Straße, die in großen Teilen der Bahnstrecke folgt. Etwas Respekt hatten wir schon vor dieser Fahrt, erst Tags zuvor war es zu einem tödlichen Unfall gekommen, bei dem ein LKW mit ausgefallenen Bremsen in eine Felswand krachte. Wir knackten problemlos die 1500 m und verbrachten eine Nacht in Saillagouse.

Noch immer befinden wir uns auf der N116, erst bei Bourg-Madame wechselten wir auf die N20 und erreichen den Col de Puymores mit 1915m. Rekord! Unser nächster Halt war L’Hospitalet-près-l’Andorre und wieder standen wir an einem Bahnhof.

Und während wir so durch die Gegend gondeln, fällt uns auf, das wir eigentlich einen zweiten Frühling erleben, also jetzt nicht wir persönlich, sondern in der Natur.

Foix

Auf der nächsten Etappe ziehen wir durch bis nach Foix und bei unserer Ankunft war der Stellplatz leer, ein Dauerbewohner und wir. Als wir von unserer Tour kreuz und quer durch Foix zurück kamen, hatte die sich die Situation grundlegend geändert und sollte bis zum Abend noch in extremes Kuschelcamping ausarten. Logisch Wochenende und Ostern nahte, wir wollten aber am nächsten Tag wandern gehen und zwar auf dem Sentier des Terrasses. Ein wunderschöner und sehr empfehlenswerter Weg. Der Einstieg zu diesem Wanderweg findet sich ganz unscheinbar an der D919, zwischen den beiden Brücken bei der Hausnummer 6.

Guten Morgen ihr Vollpfosten. Es ist sieben Uhr, aufstehen.
Nach zwei Nächten Jubel, Trubel, Heiterkeit brauchten wir unbedingt etwas Ruhe. Die Wohnmobile standen sehr dicht neben uns und mittlerweile auch hinter uns. Vor uns eine ca. 3 bis 4 m hohe Mauer. Ohne Rücksicht und Wahrung der Privatsphäre, aber Rache ist Blutwurst und die Lektion für das Einparken kam am frühen Morgen, aus erzieherischen Gründen sehr früh. Als ich in der Enge den Motor anwarf, bebten die Fenster unserer Nachbarn und im Geiste hörte ich sie aus dem Alkoven fallen. Mit viel Rangieren schaffte ich es aus der Lücke zu kommen. Jetzt aber nichts wie weg, bevor der Mob in Jogginghose über uns herfällt.

Salies-du-Salat

Salies-du-Salat
Salies-du-Salat

Die Ruhe fanden wir bei Salies-du-Salat. Zwei Seen und ein Fluss mit zwei Inseln in wunderschöner Natur und einem Platz direkt am Wasser. Absolute Ruhe und Stille, von wegen, in den Nächten tobte hier das pralle Leben, unzählige Frösche, Kröten und Nachtigallen gaben hier das Letzte, als gäbe es keinen Morgen mehr. Nach einer Nacht hatten wir uns an das Spektakel gewöhnt.

Vier Nächte blieben wir und fuhren dann weiter entlang der Pyrenäen auf der D817 nach Lannemezan. Den großen Markt haben wir uns nicht entgehen lassen.

Es ging weiter auf der D817, hinter Tarbes verließen wir die Straße, fuhren an den Lac du Gabas bei Gardères und übernachteten dort auf einem Wanderparkplatz. Am Abend ging es zum Fotoshooting an eine etwas entferntere Stelle des Sees und kaum waren die ersten Bilder im Kasten, klingelte hinter uns im Gras ein Smartphone. In der Hülle, Kreditkarten und Ausweise. Minuten vorher waren uns Jugendliche entgegen gekommen und in der Hoffnung, sie noch am Parkplatz zu treffen, rannten wir zurück. Wir wurden frenetisch gefeiert.

bei Gardères
bei Gardères

Pau

Am nächsten Morgen ging es nach Pau, wir stellten uns auf den großen Parkplatz auf dem Place du Verdun mitten in der Stadt. Von der Mitte des Platzes verkehrt im übrigen ein Elektrobus in die Innenstadt, wir sind die knapp 1,2 km zum Boulevard des Pyrénées mit dem sehenswerten Panorama auf die Pyrenäen allerdings gelaufen. Dort fährt eine kostenlose Standseilbahn, die Funiculaire de Pau runter zum Bahnhof. Pau ist sehenswert, mit einem schönen historischen Kern, der gerade komplett saniert wird. Die Arbeiten scheinen fast abgeschlossen.

Navarrenx

Wir folgen noch ein wenig der D817 und verließen diese dann bei Artix und fuhren Richtung Navarrenx. Wie an dem Ortsnamen unschwer zu erkennen, nähern wir uns dem Baskenland. Die nächsten drei Tage verbrachten wir sehr idyllisch und fast alleine an einer Schleife des Gave d‘Oleron. Nur hin und wieder kam einer der Fliegenfischer vorbei und versuchte Forellen oder Lachse zu fangen. Das läuft aber im Moment nicht so gut, wie mir einer der Fischer im Gespräch verriet. Der Imker, dessen 17 Kästen etwa 150 m hinter uns standen, grüßte uns mittlerweile wie alte Nachbarn.

Es sind noch 95 km bis zum Atlantik, aber dazwischen liegen noch einige Orte, die wir anfahren möchten. Im April wird das nichts mehr.

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