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Dänemark – Mit dem Fahrrad von Shelter zu Shelter

Sheltertour in Dänemark

Wir wollten noch einmal eine Woche raus, noch einmal mit dem Zelt unterwegs sein, bevor der Herbst richtig eskaliert oder gar der Winter kommt. Als Reiseziel drängt sich Dänemark geradezu auf, weil ca. 1800 Shelter im ganzen Land eine tolle Übernachtungsmöglichkeit bieten und Sonne im Süden jeder kann.

Unsere Tour

Die Route mit allen Sheltern gibt es unten in einer Karte und die GPX-Datei als Download.

Unsere Reise nach Dänemark startete um 04:45 Uhr und so waren wir und ein Marder, der im Schutze der Dunkelheit verbotenerweise die Gleise überquerte, die Einzigen auf dem Bahnsteig des Bahnhofs. Nur zwei Umstiege später, in Uelzen und Hamburg, trafen wir zur Mittagszeit in Flensburg ein und radelten direkt zum Hafen. Nach einem Fischbrötchen und einem Regenguss ging es weiter entlang des Hafens nach Kollund und zu unserer ersten Nacht in einem Shelter.

Wir hatten eine schöne 451 Kilometer lange Runde über die Inseln Als, Fünen, Lolland, Falster und Mon geplant, fein säuberlich in Tage zerlegt und Komoot war vorbereitet. Nur wir waren nicht bereit. Nach unseren ganzen Touren in diesem Jahr, wie die 200 Kilometer an einem Tag, die eintägige Hatz auf den Brocken und den vielen anderen 80-100 km Runden, war uns nach Genießen. Und so sind wir nach der Nacht in Kollund über Sonderbørg auf die Insel Als geradelt und blieben dort die ganze Woche. Insgesamt sind wir nur 248 km gefahren und haben dabei die Insel einmal umrundet und zweimal gequert. Ich habe die Tour zuhause in Komoot aufbereitet und festgestellt, dass wir etwa 1400 Höhenmeter gemacht haben. Es ist überraschend hügelig in diesem Teil von Dänemark. 

Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit lag etwas über 13 km/h, was aber auch teilweise dem Wind um 50 km/h geschuldet war. Unser Durchschnittsverbrauch an Stückchen lag bei 3 am Tag. Das Navi kam nur für die letzten Kilometer zum Shelter zum Einsatz. Die Fitnessuhr hatte ebenfalls Pause und nennt mich seitdem eine faule Sau.

Stellenweise sind wir dem N8 Østersøruten gefolgt, der mit 820 Kilometer längsten Radroute in Dänemark, die wirklich ausgezeichnet beschildert ist. 

Shelter

Die Shelter sind eine absolut geniale Besonderheit in Dänemark.

Die erste und letzte Nacht verbrachten wir in einem der fünf Shelter beim Naturuniverset in Kollund. Dieser Platz ist ein 5 Sterne Hotel für Camper mit einem separaten Gebäude mit WC, Dusche, Spülplatz und Strom. Und das alles sehr sauber, modern und behindertengerecht. Dazu die schönsten Shelter dieser Reise mit integrierter Bank, Windschutz, Feuerholz und Besen.

Die nächste Nacht schliefen wir hinter einem Min Købmand, einem kleinen Supermarkt in Tandslet, auch hier gab es ein WC. Nach einem fantastischen Sonnenaufgang gab es eine Tüte voller Stückchen, natürlich mit viel Zimt, Honig und Pudding, denn es galt harte 28 Kilometer zu bewältigen.

In der dritten Nacht lag der Shelter 100 Meter von Strand mitten im Wald. Absolute Ruhe, nur Geräusche vom Meer und aus dem Wald, das war schon beeindruckend. Schon bei der Anfahrt mussten wir wegen eines Rehs auf dem Weg anhalten, das hatte uns nicht bemerkt, als wir um die Kurve rollten. Dies war übrigens der einzige Shelter ohne WC.

Ich hänge hier im Wald rum
Ohne Hafermilch und Heizung
Hier versau ich mir den Look und die Hagebutte juckt
Dornen schneiden an meinem Bein rum
Ich kämpf mit Schwein‘ um die Kastanien
Die Sonne treibt mich in den Wahnsinn
Ich schlaf auf einem Stein, ich fühl mich so allein
Und hab Karies in meinem Zahn drin

Deichkind – In der Natur
Shelter mitten im Wald

Das Video zu diesem Song von Deichkind kannst du dir bei YouTube anschauen.

Die vierte Nacht lag der Shelter wieder direkt an der Küste, allerdings ohne Wald. Ein Besen war nicht nötig, da der heftige Wind den Shelter sauber hielt. 

In der vorletzten Nacht nächtigten wir wieder im Wald, mit Blick hinunter auf einen See und das Meer.

Das Zelt haben wir an vier Abenden im Shelter aufgebaut, weil wir uns so vor dem Wind schützen konnten, aber nicht alle Shelter sind dafür hoch genug.

Auf vielen Shelterplätzen in Dänemark kannst du auch nur dein Zelt benutzten, die App gibt Auskunft, ob dies erlaubt ist oder nicht. So war dies auf dem Platz hinter dem Supermarkt zum Beispiel nicht gestattet.

Für die Shelter gibt es eine App für Android und iOS.

Ein Hoch auf die vielen öffentlichen und wirklich sauberen Toiletten in Dänemark, die teilweise über eine Steckdose verfügen und wir so die Smartphones laden konnten. Das geht ja mittlerweile in knapp 40 Minuten auf etwa 96 %. Mein Smartphone* ist dank des 6,8-Zoll-Displays nämlich auch mein E-Book-Reader.

Kein Geldumtausch in Dänemark
Du kannst in Dänemark in einer Bank kein Geld umtauschen, aber du kannst in Dänemark fast alles mit der Karte zahlen und auch Bargeld abheben.

Die Heimreise

Wir sind zeitig in Kollund los, hatten sogar einen Puffer für einen Platten eingeplant. Und so kamen wir sehr früh in Flensburg an.

Wir wollten gerade unsere Räder in die Bahnhofshalle wuchten, als uns eine nette Dame mitteilte, dass wir uns diese Mühe sparen könnten, weil der gesamte Zugverkehr in Norddeutschland eingestellt wurde, wahrscheinlich für länger.

Zwei Gedanken schossen durch mein Gehirn. F*ck, wie lange brauchen wir für 398 km mit den schweren Rädern und der zweite Gedanke, der direkt folgte, war radikaler. Bis Dänemark sind es nur acht Kilometer. Wandern wir spontan einfach aus, ich meine, wer glaubt denn wirklich, dass das mit der Digitalisierung, mit der Mobilitätswende und der Energiewende in Deutschland noch irgendwas wird.

Eine Dame der Bahn sagte mir unter der Hand, dass gemunkelt wird, dass es gegen 14:00 Uhr weitergehen könnte.

Wir setzen uns auf eine Parkbank, schauten dem bunten und hysterischen Treiben zu und aßen dänische Stückchen mit Zimt, dass beruhigt ungemein. Die Busse des Schienenersatzverkehrs waren für uns mit den schweren Rädern völlig illusorisch und aufregen sinnlos. Wir lasen unsere Bücher weiter.

Nach etwa einer Stunde tat sich plötzlich etwas, ein Junge kam aus dem Bahnhof gerannt und rief seinen Eltern zu: „Er ist gefahren“. Ich schaute rüber zum Gebäude und tatsächlich, der Zug war weg. Wir rollten unsere Fahrräder in den Bahnhof und die Anzeigetafel verkündete nun einen eingeschränkten statt eines eingestellten Zugverkehrs. Nur eine Stunde verloren, aber jetzt kam das nächste Hindernis. Wegen einer Baustelle an der Oberleitung fuhr der Zug nur bis Altona. Die sechs Kilometer lange Strecke bis zum Hauptbahnhof wurde ein Zeitfahren bei strömenden Regen. Mit einem Zeitpolster von vier Minuten ballerten wir in den Bahnhof und sahen Worte auf der Anzeigetafel, die wir nicht sehen wollten: Zug fällt aus. Brote auspacken und atmen. Und der Regen? Ach ja, der war nur auf der Fahrt von Altona zum Hauptbahnhof, danach schien die Sonne.

Wieder eine Stunde obendrauf, das Chaos auf dem Bahnsteig war beängstigend. Auf den Schienen standen Züge, die in dieser Stunde den Bahnhof nicht verlassen sollten und die Anzeigetafeln kündigten Züge aus der Vergangenheit an, in die man nicht einsteigen sollte. Aber irgendwann waren wir unten auf dem Bahnsteig, allerdings im Bereich G und wir hatten uns fast in den Bereich 13 A-C vorgearbeitet, als die Ansage uns mitteilte, dass der Zug nach Hannover heute von Gleis 8 fährt. Kurzes Entsetzen, 180° Wende, zurück zum Aufzug im Bereich G, nach oben, mit dem nächsten Aufzug wieder nach unten und rein in den Zug. Zum Glück passen im Hamburger Hauptbahnhof zwei Fahrräder in den Aufzug, dass ist eher kein Standard. Geschafft, alles wird gut. 

Ja, irgendwann schon, aber nicht jetzt. Keine halbe Stunde später wurde uns mitgeteilt, dass unser Zug wegen eines Defektes nicht bis Hannover fährt, sondern in Uelzen enden würde. Wieder eine halbe Stunde Wartezeit.

Mit dreieinhalbstündiger Verspätung kamen wir am Wohnmobil an. Im Ersatzzug blinkte die ganze Fahrt in einem Schaltkasten ein rotes Lämpchen über einem Ausrufezeichen. 

Und weißt du, was uns an dem ganzen Chaos am meisten genervt hat? Die vielen grölenden und besoffenen Fußballfans in Hamburg.

Die Hinfahrt mit Umstiegen in Uelzen und Hamburg flutschte übrigens wie ein Zäpfchen.

In der Natur

Wir waren eine Woche lang täglich 24 Stunden draußen in der Natur und es war geil. Trotz Stückchen, ich habe in meinem Leben noch nie soviele Teilchen in einer Woche gegessen, trotz der niedrigen Durchschnittsgeschwindigkeit, vermeldete die Waage zu Hause 1,5 kg weniger. Nun bin ich meinem Ziel nur noch 2 Kilo entfernt und habe mittlerweile über 22 kg abgearbeitet.

New Bike Week

Claudias neues Rad habe ich rechtzeitig für die Tour in Dänemark fertig bekommen und sie ist restlos begeistert. Ich habe ein Fahrrad mit Stahlrahmen von Etto von 1992 für 95 € kaufen können und das Rad dann entsprechend umgebaut

We’ll be back

Das war mit Sicherheit nicht die letzte Reise nach Dänemark. Wir würden gerne mal nach Skagen, an den Ort wo Nordsee und Ostsee aufeinander treffen. Am schönsten wäre es, an der Nordseeküste hoch und an der Ostseeküste wieder runterzufahren, natürlich mit dem Rad. Das sind etwa 900 Kilometer. Und ich würde gerne wieder einmal nach Kopenhagen. Ich war schon einmal dort, aber das ist mindestens 45 Jahre her.

Übrigens. Claudia will schon wieder draußen pennen.

Route mit Download

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